Gemeinsam mit dem Swiss Orchestra präsentiert die Mezzosopranistin Marie-Claude Chappuis Orchesterlieder des Lachener Komponisten Joachim Raff. Ausserdem auf dem Programm: Mendelssohn, Walter u.a.
Über das Programm:
Das Verhältnis zwischen der Schweiz und Deutschland ist zuweilen etwas kompliziert: Mal bezeichnen die Schweizer*innen das nördliche Nachbarland vereinnahmend als «grossen Kanton», mal sorgen sie sich um ihre Unabhängigkeit und tendieren zu Minderwertigkeitsgefühlen gegenüber dem Deutschen. Und doch verbindet die beiden Nationen ein kultureller Austausch mit langer Tradition. So wurden nicht nur deutsche Dichter und Künstler von der Schönheit der Schweiz inspiriert, auch die Wege von Komponisten beider Länder kreuzten sich, sodass deren Biografien teilweise eng verwoben sind. Im Konzert «Schatzkammer Schweizer Sinfonik» begegnen sie sich nun wieder.
Der politisch verfolgte und zeitweise im Schweizer Exil lebende Richard Wagner und der Lachener Komponist Joachim Raff kannten sich persönlich gut, schrieben sich Briefe, standen aber gleichzeitig in ambivalentem Verhältnis zueinander, insbesondere nach Erscheinen von Raffs knapp dreihundert Seiten starker Schrift «Die Wagnerfrage», in der er dessen Kompositionsstil als wenig tiefgehend kritisierte: «Diese Melodieen schwimmen auf der Oberfläche der […] Harmonie, wie die Fettaugen auf einer Wassersuppe.» Hier bezog sich Raff zwar auf Wagnersche Opern-Ouvertüren, jedoch lässt sich der Raffsche Vorwurf auch auf das im Zürcher Exil entstandene Wesendonck-Lied «Träume» übertragen. Gleichzeitig liess sich Raff in seinem Kompositionsstil von Wagner beeinflussen, was die Gegenüberstellung von Wagners Werk mit Raffs Orchesterlied «Traumkönig und sein Lieb» und den «Zwei Scenen» für Mezzosopran und Orchester umso reizvoller macht.
Felix Mendelssohn – dessen Ouvertüre zum «Märchen von der schönen Melusine» erklingt – gilt als einer der ersten Förderer des jungen Raff, indem er frühe Werke des Schweizers beim renommierten Verlag Breitkopf & Härtel unterbrachte und damit den Grundstein für Raffs Karriere legte. Mendelssohn, der die Schweiz mehrfach bereiste, zeigte sich, wie Wagner, begeistert von der Schweizer Bergwelt. Der gebürtige deutsche Komponist August Walter hingegen fürchtete die helvetische Ländlichkeit: «In der Tat hätte ich keine Lust, mich in einer Schweizerstadt zu vergraben, wo […] abends die Kühe vom Feld eingetrieben würden!» Doch entgegen dieser Annahme wurde er bald heimisch – und wirkte den grössten Teil seines Lebens als Schweizer unter Eidgenossen in Basel.
Programm:
Felix Mendelssohn Bartholdy
Ouvertüre zu «Das Märchen von der schönen Melusine» op. 32
Joseph Joachim Raff
«Zwei Scenen» op. 199
«Traumkönig und sein Lieb» für Singstimme und Orchester op. 66
Richard Wagner
«Träume» aus den Wesendonck-Liedern WWV 91B
August Walter
Sinfonie in Es-Dur op. 9
Marie-Claude Chappuis, Mezzosopran
Sherniyaz Mussakhan, Violine
Swiss Orchestra
Lena-Lisa Wüstendörfer, Leitung