Die Haare unter der schwarzen Wollmütze verborgen, runde Brillengläser, muskulöse Unterarme, feingliedrige Hände. Gedeon schafft mit Hammer und Meissel Werke aus Speckstein und Serpentin. Den Familienbetrieb «Gotthard Serpentin und Specksteinwerke» gibt es in Hospental schon seit 1671. Neben Gedeon und seinem Vater gibt es noch einen weiteren Angestellten. Gedeon Regli war sich trotz langer Familientradition nicht von Anfang an sicher, ob er in die Fussstapfen seiner Vorfahren treten würde. Deshalb absolvierte er zuerst Schnupperlehren als Schreiner und als Konstrukteur. Schlussendlich fiel die Wahl dann doch auf die Ausbildung zum Steinbildhauer, weil er erfahren hatte, dass diese Lehre unter anderem zeichnen, illustrieren und planen beinhaltete, was exakt seinen Vorstellungen und Wünschen entsprach.
Steinbildhauer Gedeon Regli (32) führt eine 350-jährige Familientradition in Hospental weiter.
Speckstein und Serpentin werden bei Chamleten oberhalb von Hospental im Steinbruch abgebaut. Dieser Ort ist magisch für Gedeon und hier arbeitet er seit mehreren Jahren am eigenen Haus. Hier schwirren ihm jeweils tausend Ideen durch den Kopf. Was er alles noch umsetzen möchte, dass dieses Haus ein langfristiges Projekt bleiben wird, an dem er sein Leben lang weiterarbeiten kann. Trotzdem möchte er seinen Wohnsitz in ein bis zwei Jahren dorthin verlegen. Seine Ideen und diese umzusetzen motivieren Gedeon immer wieder aufs Neue für seine Arbeit. Im Winter lebt er seine Kreativität als freischaffender Steinbildhauer aus. Seine Steinskulpturen bedeuten ihm viel. Während den Sommermonaten herrscht hingegen Hochbetrieb in der Firma und Auftragsarbeiten sind zu erledigen: Böden, Küchenabdeckungen, Grabmäler und zurzeit ein Specksteinofen für das neue Gesundheitszentrum in Andermatt.
Im Sommer 2018 hat Gedeon zusammen mit Mari Russi und Lesley Pollock die Art87 in Andermatt neu eröffnet. Sie haben zu dritt einen Verein gegründet, welcher die Vermittlung, Förderung und Pflege von Kunst und Kultur im Urserntal bezweckt. Das Lokal liegt mitten im Dorf und die hohen Fenster garantieren einen lichtdurchfluteten Raum, um die Kunstwerke besonders schön zur Geltung zu bringen. Die Galerie ist vorerst für ein Jahr mit monatlichen Wechselausstellungen geplant. Gedeons Werke wurden bereits erfolgreich ausgestellt. Für den Steinbildhauer ist es aber nicht immer leicht, seine Werke loszulassen und sie zu verkaufen. Einige möchte er am liebsten für sich behalten. Mit jedem Verkauf ist somit eine Art Trennungsschmerz verbunden.
Als Ausgleich zur Arbeit geniesst Gedeon die Stille im Wald. Eine Wanderung zu einem nicht so leicht zugänglichen Wasserfall und den Sprung in den frischen Bergsee dort geben ihm neue Energie. Gedeon könnte sich vorstellen auszuwandern, und zwar nach Irland, wo er sich 2006 für einen viermonatigen Sprachaufenthalt befand. Erst neulich stiess er auf eine Anzeige, in der ein Schloss in Irland für nur wenig Geld angeboten wurde.
Solch ein Projekt lässt sein Steinbildhauerherz höherschlagen. Aber es hält ihn dann doch zu viel in Hospental. Zum Beispiel eine fast 350-jährige Familientradition.